010 - Das Bernsteinkind by Max Bentow

010 - Das Bernsteinkind by Max Bentow

Autor:Max Bentow [Bentow, Max]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Thriller/Krimi
Herausgeber: Goldmann Verlag
veröffentlicht: 2022-09-20T22:00:00+00:00


NEUNUNDZWANZIG

Trojan hielt mit seinem Dienstwagen vor dem Haus in der Kiefholzstraße. Er stieg aus und ging zur Tür der Ladenwohnung.

Keine Klingel. Er klopfte an.

Da niemand öffnete, wandte er sich der Fensterfront zu. Die Rollläden waren hochgezogen. Er schirmte mit den Händen die Augen ab und blickte hinein.

Im Schein der Straßenlaterne erkannte er einen Arbeitstisch, ein Sofa und ein breites Regal, in dem mehrere Notizhefte, Stifte, Papierbögen und andere Schreibutensilien ausgelegt waren.

Eine Tür zum hinteren Wohnbereich war geöffnet, aber auch dort schien kein Licht zu brennen.

Er durchschritt die Toreinfahrt. Ein unsanierter Hinterhof, an den Mülltonnen stand ein Mann in den Sechzigern und zerriss Papierkartons.

Trojan nickte ihm wortlos zu. An der Hintertür des Ladens befand sich ein Klingelknopf.

Er läutete.

Nichts geschah.

Trojan griff zu seinem Handy und wählte die Mobilnummer, die die Zeugin bei ihrer Vernehmung im Plänterwald angegeben hatte.

Kein Freizeichen, dafür kam sofort eine automatische Ansage: »Der gewünschte Gesprächsteilnehmer ist vorübergehend nicht erreichbar.«

Trojan steckte das Handy wieder ein.

»Kann ich Ihnen helfen?«, fragte der Nachbar an den Mülltonnen und trat langsam auf ihn zu.

Trojan musterte ihn. Halbglatze, freundliches Gesicht, randlose Brille, grob gemusterte Strickjacke.

»Ich möchte zu Pia Falk.«

»Darf ich fragen, wer Sie sind?«

Er zückte seinen Dienstausweis. »Nils Trojan, Kriminalpolizei.«

Ein erstaunter Gesichtsausdruck. »Steckt Pia in Schwierigkeiten?«

»Bloß eine Routinebefragung. Wie ist Ihr Name?«

»Günter Sternheim. Worum geht es denn?«

»Um eine Mordermittlung.«

»Großer Gott.«

»Wann haben Sie Frau Falk das letzte Mal gesehen?«

»Heute Vormittag. Sie ist zu ihrem Yogakurs geradelt. Zumindest glaube ich das. Sie hatte ihre Matte dabei.«

»Woher wissen Sie das so genau?

»Hab sie am Fenster beobachtet. Ich wohne im Hinterhaus.«

»Kennen Sie sie gut?«

»Na ja, man grüßt sich freundlich. Und da ich Rentner bin und sie ihre Arbeit vorne in ihrem Laden verrichtet, begegnen wir uns öfter mal und plaudern eine Weile. Pia ist eine Seele von Mensch. Und sie hat es hart getroffen.«

»Wie meinen Sie das?«

»Vor vier Jahren ist ihr Freund Lucas ums Leben gekommen.«

»Hmm.«

Sternheim erwies sich als sehr redselig. »Ich wohne seit über vierzig Jahren hier. Mauerfall. Gentrifizierung. Das hab ich alles miterlebt. Ich war ja anfangs skeptisch, als Pia mit ihrem Freund das Café eröffnet hat. ›Papier und Schokolade‹. Ich dachte, das wird wieder so ein furchtbares Hipster-Ding, und wir werden hier langsam alle rausgeekelt. Aber dann stellte sich heraus, dass Pias Freund, ein Franzose, wunderbar backen konnte. Diese Leckereien waren einfach so gut, dass auch ich mir öfter welche gegönnt hab. Und die Gäste waren letztlich gar nicht übel. Na ja, und dann starb Pias Freund bei diesem tragischen Motorradunfall, und sie war am Boden zerstört. Das Café musste sie schließen. Ich hab mich ein wenig um sie gekümmert. Ihr mal was zum Essen gebracht, ein paar aufmunternde Worte an sie gerichtet. Ich weiß, wie schwer es ist, wenn man plötzlich allein leben muss. Meine Frau starb vor zehn Jahren. Ich bin zu alt, um mich wieder zu binden. Aber Pia ist ja noch jung.«

»Haben Sie eine Ahnung, wo sie um diese Zeit sein könnte?«

»Eigentlich geht sie abends eher selten aus.«

»Okay, danke.«

Trojan wollte sich gerade von ihm abwenden, da sagte Sternheim: »Vielleicht ist sie ja bei ihrem stillen Verehrer.



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